… ist der Weg das Ziel.
In der Mittagshitze erreichen wir Solitaire. Ein „Ort“ mit zweieinhalb Häusern, einem Autofriedhof, einer „Bakery“, einem Café und einer Tankstelle samt Kiosk als Zentrum. Schläfrige Ruhe. Die ideale Kulisse für einen Film oder einen Roman. Der Tankwart weist die Tankenden, in diesem Fall uns, darauf hin, dass der rechte Vorderreifen zu wenig Luft hat. Na endlich! Bis jetzt ist alles so glatt gegangen, Zeit, dass mal was passiert! Wir füllen den Reifen mit Luft und geben ihm und uns eine halbe Stunde Zeit, in der sich eruieren soll, ob das Ergebnis nachhaltig ist oder das Ersatzrad zum Einsatz kommen muss. Währenddessen vertilgen wir zwei Stücke weltbesten Apfelkuchen in der Bakery und philosophieren. Die Zeit ist hier eine Schnecke, die Menschen bewegen sich langsam, man hat Muße, lange Gespräche zu führen, ohne darüber nachzudenken, ob sie nützlich sind oder nicht, und sie im letzteren Fall wieder zu vergessen. Zum Drehbuch gehört auch die Touristengruppe, die einem Sunshine-Bus entsteigt und wie ein Heuschreckenschwarm über die Bakery herfällt. Zeit für uns das Weite zu suchen. Erwartungsvoll inspizieren wir das rechte Vorderrad des Dusters, aber die Luft hat leider gehalten. Also fahren wir weiter.
Abenteuer kriegen wir trotzdem: 200 km Schotterpiste am Rand der Namib liegen vor uns, ein Gerumpel über Stock und Stein, unübersichtliche Kurven und Kuppen und die ständige Angst, dass uns auf der falschen Seite ein Wagen entgegenkommt und mit uns kollidiert. Was für ein Ritt! Keine Landschaft, die es nicht gibt. Zerfressenes Gestein, narbige Haut der alten Erde, in die der Mensch eine Spurrille eingraviert hat. Fotomotiv über Fotomotiv! Dinge, die auch woanders sein könnten (in Kroatien oder Südfrankreich), fotografieren wir nicht.
Als wir uns dem Atlantik nähern, hat sich die Temperatur halbiert: nur noch 20 Grad gegenüber 40 am Mittag. Eine Prachtstraße mit schmutzigen Palmen führt nach Swakopmund. Das Überraschende an dem Küsten- und Badeort ist, dass es keine Überraschung ist. Es ist wie Heimkommen nach good old Europe, es ist genauso kühl, genauso windig wie Zandvoort oder Timmendorfer Strand oder Wilhelmshaven, sogar der Vollmond ist der Gleiche, von allen Seiten gleich rund an diesem Abend am Namibiahimmel, der einen sonst narrt. Im Restaurant Jetty am Ende der Landungsbrücke speisen wir Austern und frische Muscheln im Sud, dazu Weißwein. Die Luft riecht nach Meer. Morgen früh werde ich Muscheln finden gehen.